de-DEen-USru-RU

www.popolsin.com

 


Artikel aus dem Katalog zur Ausstellung „DAS INNERE LICHT“, 2002
Naturhistorisches Museum Wien
ISBN 3-900275-89-0

PORTRAIT DES FEUERS und andere Themen
Zu den Bildern von Sergej POPOLSIN


Ein sogenannter Sehender soll und darf für eine umfassende Personale des blinden 37-jährigen Malers Sergej Popolsin im Naturhistorischen Museum Wien ein Geleitwort schreiben. Es ist ein riskantes Unterfangen, da ich weder den Künstler persönlich noch die abgebildeten Exponate in natura sehen konnte.

Malerischer Zugriff, Gefühlsintensität und das Ringen nach Licht sind dermaßen ansprechend, dass ich nicht nein sagen konnte und nun versuche, meine Ansicht über Inhalt und Form der tagebuchähnlichen Malereien einigermaßen auf den Punkt zu bringen.

Bilder von Sergej Popolsin entsprechen mehr dem Lebensgefühl junger Menschen als die Werke verstorbener Künstler der sogenannten „Klassischen Moderne”. Skizzenhafte Vollblutmalerei überläßt der Fantasie einen breiten Spielraum. Je nach Temperament und Gusto ließe sich an jedem Bild weitermalen. Diese Art der Malerei entspricht eher dem Trend der 80er und 90er Jahre, den Bildern der „Jungen Wilden” in Deutschland und Österreich.

In den gelungensten Bildern von Sergej Popolsin ist auch russisch-orthodoxe Spiritualität spürbar. Ich denke an „Portrait der Seele von TF.”, „Selbstportrait” und „Stalker”.

Die Flucht der Seele in anonyme christliche Mystik ist oder wäre ein guter Weg sich selbst zu verwirklichen, um gestressten Menschen heilsame Bildbotschaften zu vermitteln. Blinde Künstler sehen, hören und fühlen bekanntlich besser und tiefer als jene, die ständig weltlichen Versuchungen und Verlockungen einer nimmersatten Konsumgesellschaft ausgesetzt sind.

Glaube, Hoffnung, Liebe - diese Drei begleiten schützend den bewundernswert ringenden Künstler aus Irkutsk. Würde Dostojewskij heute leben, Sergej Popolsin wäre wahrscheinlich Titelheld eines neuen Romans.

Ich bin nicht sicher, ob das Geleitwort den Tatsachen entspricht. Es könnte stimmen. Kunst und Leben sind ambivalent.

Prof. Wolfgang Graninger

Zurück zur Übersicht